Unaufgeregt und doch eigenwillig trägt die Aufstockung eines Gewerbebaus in Altona zur Nachverdichtung der Stadt bei. Die Architektur entwickelt sich aus dem Raster des Bestands und führt diesen mit einfachen Mitteln fort: Hinter der Verschalung aus karbonisierter Lärche verbirgt sich eine schlichte Konstruktion aus Stahlbeton im dritten und Holz im vierten Geschoss. Auch die Innenräume durchzieht ein lässiger Pragmatismus, von den roh belassenen Oberflächen bis zum knalligen Farbkonzept, das alte und neue Räume zu einem Ganzen zusammenzieht.
Die Jury – bda Hamburg, Architektur Preis 2022 und Publikumspreis
In Hamburg Altona entstanden, verteilt auf fünf Geschosse, gut 1.700 m² BGF neue Büroflächen für ein Hamburger Startup-Hub. Die leerstehenden Flächen des zweigeschossigen Gewerbehauses wurden umfassend, aber behutsam an die neue Nutzung angepasst und aufgestockt.
Zentraler architektonischer Entwurfsgedanke war, den Bestand mit all seinen Eigenarten zu nutzen und in seinem Charakter kontinuierlich weiterzuentwickeln. So wurde entfernt, was überflüssig war und erhalten, was sinnvoll war. Die Aufstockung folgt in seiner konstruktiven Logig klar der Gliederung und dem strengen Fensterraster des Bestandes. In seiner äußeren Materialität jedoch hebt sich der Aufbau als deutlich aufgesetztes kubisches Volumen stark vom Sockel ab. Die Fassade aus karbonisierter, vertikaler Lärchenschalung steht hier im Kontrast zum verputzten Bestand. Das auskragende, ehemalige Traufgesims bildet dabei die ablesbare Zäsur zwischen Alt und Neu. Das Staffelgeschoss springt dreiseitig zurück, für eine großzügige Terrasse mit Blick über Altona.
Die Konstruktion im Innenraum bleibt roh und zeigt sich sowohl im Bestand als auch im Neubau in ihrer Ursprünglichkeit mit sichtbarer Beton bzw. Holzkonstruktion.
Ergänzt wird dies um ein Farb- und Ausstattungskonzept. Ausgehend von den markanten türkisen Bestandsfenstern wurde eine komplette Farbpalette aus komplementären Korall- und Blautönen entwickelt. Dies bildete die Grundlage für die konzeptionell miteinander verbundene Gestaltung der einzelnen Etagen.
Obwohl der Gewerbebau im Bestand noch statische Reserven aufwies, musste die Aufstockung möglichst präzise und leicht ausgeführt werden. Aus baurechtlichen Gründen wurde es als Hybridkonstruktion angelegt.
Das erste Neubaugeschoss wurde, wie der Bestand, als Stahlbeton-Skelettbau ausgeführt, mit einer besonders leichten Hohlraum Fertigteildecke. Das Staffelgeschoss besteht aus Brettschichtholzstützen und -unterzügen und Brettstapeldecke mit extensiver Begrünung.
Vorgefertigte Holztafelbauelemente, allseitig gekapselt bilden die nichttragenden, vorgestellten Aussenwände.
Der Holzbau kann hier gegenüber dem Massivbau klar überzeugen. Ausgestattet mit Fernwärme und Photovoltaik auf dem neuen Gründach, mit natürlicher Belüftung aber ohne Klimatisierung, entstanden hochwertige und flexible Büroflächen nach dem Low-Tech-Prinzip und der Maxime des einfachen Bauens. Das Projekt zeigt, wie eine sinnvolle innerstädtische Nachverdichtung aus dem Bestand einen architektonischen und städtebaulichen Mehrwert erzeugen kann.